Es gibt viele mögliche Gründe für Verdauungsprobleme wie Übelkeit, Bauchschmerzen oder Durchfall. Einer davon ist die Zöliakie, auch Glutenunverträglichkeit oder früher auch Sprue genannt. Dabei wird Gluten nicht vertragen, ein in vielen Getreidesorten enthaltenes Eiweiß. Eine Zöliakie kann in jedem Alter auftreten und bleibt dauerhaft bestehen. Eine nachgewiesene Zöliakie haben etwa 1 bis 2 % der Menschen in Europa, berichtet das Onlineportal gesundheitsinformation.de.
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Was ist Zöliakie?
Bei Zöliakie reagiert das Immunsystem überempfindlich auf eigentlich harmlose Bestandteile des Glutens. Schon kleinste Mengen Gluten können dann eine Entzündung der Schleimhaut des Dünndarms auslösen. Zusätzlich richtet sich das Immunsystem direkt gegen die Darmschleimhaut, was die Entzündung verstärkt. Da sich das Immunsystem dabei gegen den eigenen Körper wendet, spricht man von einer Autoimmunreaktion. Diese Reaktion unterscheidet eine Zöliakie von einer Weizenallergie oder einer Weizensensitivität.
Verzehrt man trotz Zöliakie weiter Gluten, kommt es zu einer chronischen Entzündung des Dünndarms. Die Darmschleimhaut verändert sich und es können vielfältige Beschwerden auftreten, nicht nur im Verdauungssystem.
Wird kein Gluten mehr aufgenommen, geht die Entzündung zurück und die Darmschleimhaut erholt sich meist. Die Beschwerden lassen dann nach oder verschwinden ganz. Da viele Lebensmittel Getreidebestandteile enthalten, ist es bei Zöliakie besonders wichtig, bei den Inhaltsstoffen auf Spuren von Gluten zu achten.
Symptome
Zöliakie-Symptome können verschiedene Organe und Körperstellen betreffen. Eine Zöliakie kann aber auch ohne spürbare Symptome bestehen. Die häufigsten Beschwerden sind:
- Müdigkeit und Stimmungsveränderungen wie Reizbarkeit oder Niedergeschlagenheit bis hin zu einer Depression
- Magen-Darm-Beschwerden wie Bauchschmerzen, anhaltender Durchfall oder Verstopfung, aufgeblähter Bauch
- Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust (bei Erwachsenen) oder mangelnde Gewichtszunahme, Wachstums- oder Reifestörungen (bei Kindern und Jugendlichen)
Bei jüngeren Kindern mit Zöliakie kann es zu weiteren Symptomen wie Erbrechen oder Problemen mit dem Zahnschmelz kommen.
Bei der seltenen Sonderform „Dermatitis herpetiformis Duhring“ kommt es zu Hautsymptomen wie Rötungen, brennendem Juckreiz, gruppierten Bläschen, Ausschlag und Quaddeln.
Ursachen und Risikofaktoren
Zu einer Zöliakie kann es kommen, wenn eine bestimmte genetische Veranlagung (HLA-Gentypen DQ2 oder DQ8) besteht. In Deutschland findet sie sich bei etwas mehr als 30 von 100 Menschen. Allerdings entwickeln nur etwa 2 bis 3 von 100 Personen mit dieser genetischen Veranlagung eine Zöliakie. Warum es bei ihnen zu einer Autoimmunreaktion kommt und bei den anderen nicht, ist noch unklar.
Besteht bereits eine andere Autoimmunerkrankung wie Diabetes mellitus Typ 1, eine Hashimoto-Schilddrüsenerkrankung oder rheumatoide Arthritis, ist das Zöliakie-Risiko ebenfalls erhöht. So haben zum Beispiel bis zu 10 von 100 Menschen mit Diabetes mellitus Typ 1 eine Zöliakie.
Zöliakie kommt auch in Familien gehäuft vor. Bei Zöliakie sind etwa 10 bis 15 von 100 Verwandten ersten Grades ebenfalls betroffen. Es wird daher empfohlen, dass sich Kinder und Eltern von Personen, bei denen eine Zöliakie festgestellt wurde, ebenfalls untersuchen lassen. Auch wenn Geschwister oder Großeltern erkrankt sind, kann eine Abklärung sinnvoll sein.
Fachleute diskutieren außerdem, ob Darminfektionen im Kindesalter das Risiko für eine Zöliakie erhöhen.
Verlauf
Wird eine Zöliakie nicht behandelt, kommt es im Dünndarm zu einer dauerhaften Entzündung. Das Gewebe verändert sich: Die fingerartigen Ausstülpungen (Zotten) der Schleimhaut werden flacher und können weniger Nährstoffe aufnehmen. Zusätzlich vertiefen sich die Dünndarmfurchen (Krypten).
Dadurch kommt es mit der Zeit häufig zu Mangelerscheinungen, die eine Blutarmut und ständige Müdigkeit zur Folge haben können. Obwohl die Entzündung im Dünndarm entsteht, kann sie sich in verschiedenen Teilen des Körpers fortsetzen und zu vielfältigen Symptomen führen. So kann sie zum Beispiel Beschwerden wie Hautausschlag oder Bewegungs- und Gangstörungen wie Zittern oder Gleichgewichtsstörungen auslösen.
Bei den allermeisten Menschen erholt sich der Darm durch eine glutenfreie Ernährung und die Beschwerden klingen ab. Bleiben sie trotz Ernährungsumstellung bestehen, wird von einer „refraktären Zöliakie“ gesprochen. Dies betrifft derzeit unter 1 % der Menschen mit Zöliakie. Bei Kindern kommt die refraktäre Zöliakie praktisch nicht vor.
Folgen
Neben der chronischen Darmentzündung hat eine unbehandelte Zöliakie weitere gesundheitliche Folgen. Ohne Ernährungsumstellung kann sie langfristig zu Knochenproblemen und Osteoporose führen. Eine unbehandelte Zöliakie kann bereits im Kindes- und Jugendalter das Wachstum stören und die Knochen schädigen. Dies kann auch bei Kindern und Jugendlichen passieren, die weniger oder keine typischen Zöliakie-Beschwerden haben.
Wird eine Zöliakie nicht behandelt, kann es zu Leberschäden und Nervenkrankheiten (Neuropathien) kommen. Auch ein unerfüllter Kinderwunsch oder Schwangerschaftskomplikationen können auf eine unentdeckte Zöliakie zurückgehen.
Wird trotz Zöliakie über viele Jahre Gluten verzehrt, erhöht sich das Krebsrisiko. Davon können unter anderem Verdauungstrakt, Kopf, Hals und Brust betroffen sein. Besonders hoch ist das Risiko für Tumoren des Lymphsystems (T-Zell-Lymphome).
Alle diese Folgen und Risiken lassen sich durch eine streng glutenfreie Ernährung vermeiden oder senken.
Diagnose
Eine Zöliakie bleibt oft lange Zeit unerkannt. Deshalb ist es wichtig, beim Gespräch mit der Ärztin oder dem Arzt alle Beschwerden zu schildern – auch solche, die untypisch für die Glutenunverträglichkeit sind.
Bei einem erhöhten Risiko – zum Beispiel, wenn nahe Verwandte eine Zöliakie haben oder eine andere Autoimmunerkrankung wie ein Diabetes mellitus Typ 1 besteht –, kann auch ohne Beschwerden eine ärztliche Beratung und Untersuchung sinnvoll sein.
Für die Diagnose wird Blut abgenommen und im Labor untersucht auf
- Immunglobulin A (IgA)-Antikörper gegen ein bestimmtes Enzym, die sogenannte Gewebstransglutaminase (tTG oder TG2), und
- die Konzentration an IgA wird bestimmt, was wichtig ist für die Interpretation des ersten Wertes.
Erhöhte Werte der IgA-TG2-Antikörper sind ein Hinweis auf eine Zöliakie. Das Ergebnis liegt nach etwa einer Woche vor.
Der Test ist nur aussagekräftig, wenn vorher ausreichend Gluten aufgenommen wurde. Daher ist es wichtig, nicht bereits bei einem Verdacht auf Zöliakie auf Gluten zu verzichten. Wer sich bereits Gluten-reduziert ernährt, muss etwa drei Monate vor der Untersuchung die Glutenmenge wieder erhöhen.
Zusätzlich zum Bluttest werden in der Regel über eine Magenspiegelung Gewebeproben aus dem oberen Dünndarm entnommen. Zeigen diese die typischen Schädigungen der Darmschleimhaut, bestätigt dies den Verdacht auf Zöliakie. Bei Kindern kann bei sehr hohen TG2-Antikörperwerten unter Umständen auf die Gewebeproben verzichtet werden.
Wenn die Gewebeproben und Blutuntersuchung ein unklares Bild abgeben, kann eine Typisierung der HLA-Gene helfen, eine Zöliakie auszuschließen. Auch dafür wird Blut abgenommen und im Labor auf die Genabschnitte untersucht, die eine Voraussetzung für die Erkrankung sind.
Steht die Diagnose fest, stellt die Ärztin oder der Arzt einen „Zöliakie-Pass“ aus, der alle Untersuchungsergebnisse enthält. Der Pass bestätigt, dass die Diagnose feststeht, was zum Beispiel bei einem Arztwechsel wichtig sein kann. Auch spätere Testergebnisse können dort eingetragen werden.
Behandlung
Wurde eine Zöliakie festgestellt, sorgt eine glutenfreie Ernährung in der Regel dafür, dass die Darmschleimhaut abheilt und die Beschwerden sich bessern. Sie muss dauerhaft beibehalten werden, da die Aufnahme von Gluten immer wieder zu einer Entzündung der Darmschleimhaut führen würde. Wichtig ist, selbst kleinste Mengen Gluten zu vermeiden, da auch sie Probleme verursachen.
Verdauungsbeschwerden verschwinden bei einer konsequent glutenfreien Ernährung normalerweise. Dies kann allerdings einige Wochen, oft sogar einige Monate dauern. Auch andere Symptome wie Abgeschlagenheit und Müdigkeit bessern sich häufig durch einen Glutenverzicht.
Eine dauerhafte Ernährungsumstellung bedeutet auch die Anpassung mancher Lebensgewohnheiten. Praktische Hilfen und der Austausch mit anderen Betroffenen können dabei helfen.
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