Auch nach hormonabhängigem Brustkrebs besteht manchmal ein Kinderwunsch. Eine aktuelle Studie befasst sich nun mit dem Risiko eines Rückfalls durch die Hormone in der Schwangerschaft. Der deutsche Krebsinformationsdienst fasst das Wichtigste zusammen.
Der Krebsinformationsdienst des deutschen Krebsforschungszentrums ist Ansprechpartner für alle Fragen zum Thema Krebs. Das Zentrum bietet wissenschaftlich fundierte Informationen über die Krankheit und berät Betroffene und Angehörige. Auf der Internetseite bietet der Dienst aktualisierte Informationen zum Thema Krebs. Diese Inhalte stellt der Krebsinformationsdienst dem Südtiroler Institut für Allgemeinmedizin und Public Health zur Verfügung.
Frauen, die jung an Brustkrebs erkranken, haben sich ihren Kinderwunsch oft noch nicht erfüllt, wenn sie die Diagnose erhalten. Gerade nach hormonabhängigem Brustkrebs haben sowohl Patientinnen als auch Ärztinnen und Ärzte teilweise Zweifel, ob die Hormone in der Schwangerschaft einen Rückfall begünstigen können. Eine aktuelle Studie* befasst sich mit genau diesem Thema.
Keine schlechtere Prognose
Laut der Studie erhöht eine Schwangerschaft nach hormonabhängigem Brustkrebs und der entsprechenden Therapie nicht das Risiko für einen Rückfall.
Dieses Ergebnis ist für Fachleute nicht überraschend. Denn Studien der letzten Jahre lieferten bereits Hinweise darauf, dass eine Schwangerschaft nach der Behandlung von hormonabhängigem Brustkrebs sicher ist.
Zusätzlich zeigt die Studie, dass die Studienteilnehmerinnen, die schwanger wurden, sogar länger lebten.
Wie aussagekräftig ist die Studie? Bei der Studie handelt es sich um eine sogenannte systematische Übersichtsarbeit, auch Metastudie genannt. Das bedeutet, dass Fachleute Daten aus mehreren bereits abgeschlossenen Studien zusammengefasst und ausgewertet haben. Das Gesamtergebnis einer Metastudie ist oft aussagekräftiger als die Ergebnisse der einzelnen Studien. Dennoch ist weitere Forschungsarbeit nötig, um eine sichere Aussage treffen zu können.
Was die Studie nicht klären konnte
Einige wichtige Fragen kann die Metastudie nicht beantworten. Sie konnte beispielsweise keine Aussage darüber treffen, ob sich die folgenden Punkte auf das Risiko eines Rückfalls auswirken:
- die Zeit, die zwischen Brustkrebs und Schwangerschaft vergangen ist
- das Stadium bei der Diagnose
- die Art und Dauer der erhaltenen adjuvanten Antihormontherapie
Dass diese Fragen offengeblieben sind, liegt unter anderem daran, dass alle ausgewerteten Einzelstudien rückblickende (retrospektive) Studien waren. Das bedeutet, alle ausgewerteten Daten waren bereits vorhanden und wurden nicht im Rahmen der Studien erhoben. Zusätzlich wurden nicht in allen Einzelstudien dieselben Daten erhoben und ausgewertet. Dadurch lagen nicht immer alle Informationen vor, die sich die Autorinnen und Autoren der Metastudie gewünscht hätten.
Gerade die Frage nach der Dauer der Antihormontherapie ist jedoch für Betroffene, die sich noch Kinder wünschen, von Bedeutung. Denn Fachleute raten während der über Jahre andauernden Antihormontherapie von einer Schwangerschaft ab: Es ist möglich, dass der Wirkstoff das ungeborene Kind schädigt.
Adjuvante Antihormontherapie
Bei Frauen mit hormonabhängigem Brustkrebs regen Hormone das Wachstum der Tumorzellen an. Eine adjuvante Antihormontherapie soll diese wachstumsfördernde Wirkung nach der Operation verhindern. Fachleute empfehlen die Therapie über 5 – 10 Jahre. Dadurch sinkt das Risiko eines Rückfalls. Frauen vor den Wechseljahren erhalten dabei oft den Wirkstoff Tamoxifen.
Ist eine Unterbrechung der Antihormontherapie möglich?
Möchten Frauen ein Kind bekommen, können sie die Antihormontherapie unterbrechen. Darauf deuten erste Ergebnisse einer weiteren wichtigen Studie, der POSITIVE-Studie, hin: Sie zeigen, dass eine Unterbrechung unter bestimmten Umständen ohne erhöhtes Risiko möglich ist.
Bei den Ergebnissen der POSITIVE-Studie handelt es sich nur um einen Zwischenstand. Sie läuft aktuell weiter und es ist möglich, dass Rückfälle erst nach einem längeren Zeitraum als dem bislang beobachteten auftreten.
Nach diesen Zwischenergebnissen hat die Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie (AGO) ihre Empfehlungen zur Unterbrechung der Therapie für eine Schwangerschaft geändert. Sie halten eine Unterbrechung für möglich wenn
- die Patientin die Therapie zuvor schon mindestens 18 Monate erhalten hat und
- nach maximal 2 Jahren fortsetzt.
Fazit
Die aktuelle Studienlage deutet daraufhin, dass eine Schwangerschaft nach hormonabhängigem Brustkrebs ohne höheres Rückfallrisiko möglich ist. Es sind aber weitere Studien notwendig, um dieses Ergebnis zu bestätigen.
Laut der POSITIVE-Studie können Frauen mit Kinderwunsch unter Umständen sogar die Antihormontherapie unterbrechen. Doch auch hier ist weitere Forschungsarbeit nötig, denn es liegen noch keine Langzeitdaten vor.
Eine individuelle Entscheidung: Ob eine Frau ein möglicherweise höheres Risiko für einen Rückfall eingehen kann und möchte, muss sie ganz persönlich entscheiden. Dabei sollten sich Betroffene unbedingt mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt besprechen. Es kann individuelle Gründe geben, die gegen eine Schwangerschaft sprechen – beispielsweise ein ohnehin erhöhtes Rückfallrisiko.
Quellen
*L. Arecco,E. Blondeaux,M. Bruzzone,M.M. Latocca,E. Mariamidze,S. Begijanashvili,E. Sokolovic,G. Gentile,G. Scavone,S. Ottonello,A. Boutros,I. Vaz-Luis,C. Saura,R.A. Anderson,I. Demeestere,H.A. Azim,E. de Azambuja,F.A. Peccatori,L. Del Mastro et al.: Safety of pregnancy after breast cancer in young women with hormone receptor-positive disease: a systematic review and meta-analysis. Esmo Open, Elsevier, DOI: 10.1016/j.esmoop.2023.102031
Arecco L., Lambertini M.: Safety of interrupting adjuvant endocrine therapy to conceive: early data are POSITIVE. Nat Rev Clin Oncol. 20: 662-663 (2023); DOI: 10.1038/s41571-023-00797-4
Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie e. V.: Diagnostik und Therapie früher und fortgeschrittener Mammakarzinome, 2024.
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