Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat die Infektionskrankheit Mpox – früher ,Affenpocken’ genannt – am 14. August 2024 offiziell als globalen Gesundheitsnotfall eingestuft. Diese Entscheidung fußt auf der schnellen Verbreitung einer neuen und gefährlicheren Virusvariante. Schweden und Pakistan haben indes die ersten Infektionsfälle gemeldet. Prof. Dr. Christian Wiedermann, Forschungskoordinator des Instituts für Allgemeinmedizin und Public Health Bozen, erläutert die Hintergründe, informiert über Risiken in Europa und die notwendigen Maßnahmen, um der Virusausbreitung entgegenzuwirken.
Warum die WHO Alarm schlägt
„Im Juli 2022 hatte die WHO bereits eine Notlage wegen Mpox ausgerufen, als eine neue Variante des Virus erstmals auftrat. Diese Variante erwies sich als besonders ansteckend und verbreitete sich schnell auch außerhalb Afrikas, vor allem in Nord- und Südamerika sowie in Europa“, erklärt Prof. Dr. Christian Wiedermann, ehemaliger Primar für Innere Medizin am Krankenhaus Bozen und seit 2022 Koordinator der Forschungsprojekte des Instituts für Allgemeinmedizin und Public Health Bozen. Die Mpox-Situation verschärfte sich weiter, als die Fallzahlen in den betroffenen Regionen deutlich anstiegen. „Seit dem Ausbruch im Sommer 2022 wurden in Europa bis Juni 2024 insgesamt über 27.500 Mpox-Infektionen gemeldet, von denen 10 tödlich verliefen. Die ansteigende Ausbreitung einer weiteren Variante und die hohe Zahl an neuen Fällen führten nun 2024 dazu, dass die WHO die höchste Alarmstufe ausgerufen hat. Damit soll die internationale Gemeinschaft zur schnellen und koordinierten Reaktion mobilisiert werden, um die weitere Ausbreitung zu verhindern“, so Wiedermann.
Was ist Mpox? Warum ist das Virus so gefährlich?
Mpox ist ein Virus, das bereits seit den 1970er-Jahren in bestimmten Teilen Afrikas bekannt ist. „Es handelt sich um ein Virus, das mit dem menschlichen Pockenvirus verwandt ist, jedoch weniger gefährlich ist. Allerdings hat Mpox das Potenzial, sich rasch auszubreiten, vor allem durch engen Kontakt mit infizierter Haut oder Schleimhäuten“, erklärt Prof. Wiedermann. Besonders bedenklich sei, dass das Virus nicht nur durch sexuelle Kontakte, sondern auch durch den Kontakt mit kontaminierten Gegenständen wie Kleidung oder Bettwäsche übertragen werden könne. Die aktuelle Lage in der Demokratischen Republik Kongo (DRK) ist alarmierend. „Seit Anfang 2024 sind in der DRK über 14.000 Menschen an Mpox erkrankt, und mehr als 500 Menschen sind gestorben“, berichtet Wiedermann. Eine neue Variante des Virus, bekannt als Klade 1b, verbreitet sich besonders schnell und ist tödlicher als frühere Varianten. „Diese Variante ist besonders gefährlich, weil sie leichter übertragbar ist und mehr Todesfälle verursacht. Was die Situation noch besorgniserregender macht, ist die Tatsache, dass in Afrika nun vermehrt Kinder und Schwangere betroffen sind“, sagt Wiedermann.
Erste Fälle außerhalb Afrikas: Schweden und Pakistan melden Infektionen
Am 15. August 2024 wurde in Schweden der erste Fall der neuen Mpox-Variante Klade 1b außerhalb Afrikas gemeldet, am 16. August gab auch Pakistan einen Infektionsfall bekannt. Nach Schweden wurde das Virus von einer Person gebracht, die sich in Afrika angesteckt hatte. „Obwohl die schwedischen Behörden diesen Fall sehr ernst nehmen, sehen sie derzeit keine unmittelbare Gefahr für die breite Bevölkerung. Dennoch bedeutet diese Entwicklung, dass die EU-Mitgliedsstaaten ihre Überwachungsmaßnahmen verstärken, Impfstoffpläne anpassen und sich auf mögliche Ausbrüche vorbereiten müssen“, betont Prof. Wiedermann. Die Herausforderung bestehe nun darin, auf EU-Ebene eine koordinierte Strategie zu entwickeln, um die Virusausbreitung einzudämmen. „Es ist jetzt wichtig, dass die EU-Länder eng zusammenarbeiten, um Impfstoffe effizient zu verteilen und die Bevölkerung über die Risiken und Schutzmaßnahmen zu informieren“, so Wiedermann.
Die Bedeutung der Impfung und verfügbare Behandlungsmöglichkeiten
Die Impfung spielt eine zentrale Rolle bei der Bekämpfung von Mpox. „Impfungen sind sehr wichtig, um den Ausbruch in Afrika zu stoppen“, unterstreicht Prof. Christian Wiedermann. „In Afrika ist das Virus weit verbreitet, und es werden etwa 10 Millionen Impfdosen benötigt, um die Situation unter Kontrolle zu bringen. Bisher hat die EU 215.000 Dosen gespendet, aber das reicht bei Weitem nicht aus.“ Obgleich frühere Pockenimpfungen einen gewissen Schutz bieten, ist die spezifische auch an Mpox angepasste Impfung wirksamer. „Die alte Pockenimpfung schützt zwar etwas, aber die spezielle Mpox-Impfung wirkt deutlich besser. Diese spezielle Impfung ist entscheidend, um die weitere Verbreitung des Virus zu verhindern“, erklärt Wiedermann. Bei schweren Fällen von Mpox kommen auch antivirale Medikamente wie Tecovirimat zum Einsatz. „Diese Medikamente sind hilfreich, aber es fehlen noch ausreichende Daten, um ihre Wirksamkeit vollständig zu beurteilen“, fügt Wiedermann hinzu. Die WHO fordert daher die Hersteller von Mpox-Impfstoffen auf, ihre Produkte schnell für den Einsatz in afrikanischen Ländern bereitzustellen, wo der Zugang zu Impfstoffen bislang stark eingeschränkt ist.
Prävention für Reisende
Reisende sollten sich der Risiken bewusst sein und entsprechende Vorsichtsmaßnahmen treffen, um eine Ansteckung mit Mpox zu vermeiden. „Reisende sollten engen Kontakt mit möglicherweise infizierten Personen meiden, besonders an Orten wie Flughäfen oder bei großen Veranstaltungen“, rät Prof. Wiedermann. In Europa sei das Risiko, sich durch Tiere zu infizieren, im Gegensatz zu Afrika gering. „Das Virus verbreitet sich hier vor allem durch engen Hautkontakt, den Austausch von Körperflüssigkeiten oder den Kontakt mit kontaminierter Kleidung oder Bettwäsche“, erläutert er. Besonders bei körperlichem Kontakt, insbesondere bei sexuellen Begegnungen, ist Vorsicht geboten.
Internationale Unterstützung für Afrika
Die WHO hat die höchste Alarmstufe ausgerufen, um internationale Unterstützung für die Eindämmung von Mpox zu mobilisieren. Vor allem in afrikanischen Ländern besteht ein dringender Bedarf an Unterstützung, um den Ausbruch unter Kontrolle zu bringen. „Diese Länder benötigen dringend Zugang zu Impfstoffen und medizinischer Versorgung, um das Virus zu bekämpfen“, erklärt Wiedermann. Die internationale Zusammenarbeit sei jetzt entscheidend, um Menschenleben zu retten: „Weltweit muss alles daran gesetzt werden, dass Impfkampagnen verstärkt und Präventionsmaßnahmen getroffen werden, um einer globalen Mpox-Epidemie Einhalt zu gebieten“, appelliert Prof. Christian Wiedermann.
Wichtig zu wissen: Die einzelnen Artikel des Gesundheitsblogs des Instituts für Allgemeinmedizin und Public Health Bozen werden nicht aktualisiert. Ihre Inhalte stützen sich auf Forschungsergebnisse und wissenschaftliche Belege, die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung verfügbar sind. Gesundheitsinformationen aus dem Internet können eine persönliche ärztliche Beratung nicht ersetzen. Informieren Sie Ihren Hausarzt oder Ihre Hausärztin über mögliche Beschwerden. Weiter…