Immer wieder warnen Verbraucherportale wie “Öko-Test” vor krebserregenden Stoffen in Kaffee. Dem Heißgetränk wird aber auch eine schützende Wirkung nachgesagt. Die wissenschaftliche Datenlage erlaubt aktuell keine sichere Aussage zum Krebsrisiko von Kaffee. Der deutsche Krebsinformationsdienst ordnet die Datenlage ein.
Der Krebsinformationsdienst des deutschen Krebsforschungszentrums ist Ansprechpartner für alle Fragen zum Thema Krebs. Das Zentrum bietet wissenschaftlich fundierte Informationen über die Krankheit und berät Betroffene und Angehörige. Auf der Internetseite bietet der Dienst aktualisierte Informationen zum Thema Krebs. Diese Inhalte stellt der Krebsinformationsdienst dem Südtiroler Institut für Allgemeinmedizin und Public Health zur Verfügung.
Laut einer Studie des Deutschen Kaffeeverbandes haben Kaffeetrinker in Deutschland im Jahr 2022 durchschnittlich fast 4 Tassen Kaffee pro Tag getrunken.
Weil Kaffee ein so beliebtes Heißgetränk ist, untersuchen und vergleichen Verbraucherportale regelmäßig Kaffeesorten von verschiedenen Herstellern. In ihren Berichten warnen sie nicht selten vor vermutlich krebserregenden Inhaltsstoffen wie etwa Acrylamid.
Neben solchen Berichten findet man im Internet aber auch eine ganz andere Aussage: Kaffee soll vor Krebs schützen.
Die Internationale Krebsforschungsagentur (IARC) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) stuft das Krebsrisiko für Kaffee insgesamt als “nicht bewertbar” (Gruppe 3) ein.
Das Bundinstitut für Risikobewertung (BfR) in Deutschland erklärt die Bewertung der IARC folgendermaßen: Das Gefahrenpotential von Lebensmitteln lässt sich in der Regel nur begrenzt einordnen. Denn: Lebensmittel wie Kaffee sind Gemische aus verschiedenen Inhaltsstoffen, die auch in unterschiedlichen Mengen vorhanden sind. Manche von ihnen wirken gesundheitsfördernd. Es gibt aber auch Stoffe in sehr geringen Mengen, die allein betrachtet als “wahrscheinlich oder möglicherweise krebserregend” gelten. Im Kaffee sind das beispielsweise Furan, Acrylamid und Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK).
Was bedeutet das für Verbraucherinnen und Verbraucher?
Die derzeitige Datenlage spricht dafür, dass Kaffee keinen Krebs verursacht. Dem BfR zufolge kann es 2 Gründe haben, warum die enthaltenen “wahrscheinlich oder möglicherweise krebserregend” Inhaltsstoffe keine Auswirkungen haben: Zum einen können andere Inhaltsstoffe die möglicherweise schädliche Wirkung abmildern oder neutralisieren. Oder die Menge schädlicher Stoffe im Kaffee ist so gering, dass dadurch in den verfügbaren Studien keine negativen Auswirkungen auf die Gesundheit zu beobachten waren.
Gut zu wissen
Anhand der ausgewerteten Studien konnten Fachleute sogar weitgehend ausschließen, dass Kaffee die Entstehung von Brustkrebs, Prostatakrebs und Bauchspeicheldrüsenkrebs begünstigt.
Wie kommt die Bewertung genau zustande?
Unterschiedliche Behörden untersuchen Kaffee und darin enthaltene Stoffe wie Acrylamid, PAK oder Furan unter verschiedenen Aspekten.
- Die IARC prüft beispielsweise, ob durch die chemischen Eigenschaften eines Inhaltsstoffes generell ein Krebsrisiko bestehen könnte. Diese Einschätzung kann sich allerdings auch auf die Zufuhr extrem großer Mengen beziehen, die eine Person täglich gar nicht zu sich nehmen könnte.
- Die Europäische Lebensmittelbehörde (EFSA) beschäftigt sich dagegen vorrangig mit den konkreten Risiken für Verbraucherinnen und Verbraucher. Sie ermittelt, welche Menge eine Person maximal pro Tag zu sich nehmen darf, damit kein Gesundheitsrisiko besteht.
Stand der Forschung: Was Forschende noch nicht wissen
Forschende wissen bislang nur, dass Kaffee nachweislich das Risiko für Leberkrebs und Gebärmutterkrebs senkt. Dieser schützende Effekt hängt allerdings von der täglichen Kaffeemenge ab: bei Leberkrebs sind das beispielsweise mindestens 3 Tassen Kaffee pro Tag.
Ob Kaffee generell das Krebsrisiko senkt, ist unklar: Es gibt Hinweise, dass Kaffee auch das Risiko für andere Krebsarten wie Mund-, Rachen-, Kehlkopf und Hautkrebs senkt – hier sind aber noch weitere hochwertige Studien notwendig. Bei anderen Krebsarten gibt es allerdings teilweise widersprüchliche Ergebnisse: einige Studien belegen eine schützende Wirkung, andere Studien können diese Wirkung nicht bestätigen.
Die Temperatur von Getränken: eine Ursache für Speiseröhrenkrebs? Es gibt starke Hinweise, dass sehr heiße Getränke (über 65 °C) das Risiko für Speiseröhrenkrebs erhöhen können. Deshalb haben Fachleute das Trinken sehr heißer Getränke insgesamt als wahrscheinlich krebserregend (Gruppe 2A) eingestuft.
Fazit für Verbraucherinnen und Verbraucher
Wer gerne Kaffee trinkt, kann das laut Fachleuten auch weiterhin bedenkenlos tun. Auch, wenn beim Röstvorgang Stoffe entstehen können, die laut IARC wahrscheinlich oder möglicherweise krebserregend sind.
Wichtig für Verbraucherinnen und Verbraucher: “Die Menge macht das Gift”. Auch wenn Fachleute der IARC Stoffe als wahrscheinlich oder möglicherweise krebserregend einstufen, ist damit nicht zwangsweise ein realistisches Krebsrisiko verbunden. Entscheidend ist die Menge, die man täglich zu sich nimmt.
- Gut zu wissen: Im Kaffee ist dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) zufolge vergleichsweise weniger Acrylamid enthalten als beispielsweise in Chips oder Pommes frites.
Bibliografie
IARC Working Group on the Evaluation of Carcinogenic Risks to Humans. Drinking Coffee, Mate, and Very Hot Beverages. Lyon (FR): International Agency for Research on Cancer; 2018.
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Safe S, Kothari J, Hailemariam A, Upadhyay S, Davidson LA, Chapkin RS. Health Benefits of Coffee Consumption for Cancer and Other Diseases and Mechanisms of Action. Int J Mol Sci. 2023 Jan 31;24(3):2706. doi: 10.3390/ijms24032706.
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