Hausärztinnen und Hausärzte betreuen die Bevölkerung ganzheitlich, sie sind die erste Anlaufstelle für alle Gesundheitsprobleme der Menschen. Doch Südtiroler Studierende der Medizin entscheiden sich nach ihrem Abschluss nur selten, Hausärztin oder Hausarzt in Südtirol zu werden. 288 Ärztinnen und Ärzte für Allgemeinmedizin zählt Südtirol derzeit, fast 80 Stellen sind vakant. Eine Delegation des Instituts für Allgemeinmedizin und Public Health Bozen war kürzlich an der Medizinischen Universität Innsbruck zu Gast, um die Südtiroler Ausbildung in Allgemeinmedizin vorzustellen und Nachwuchskräfte zu finden.
Warum wird Südtirols Hausarztausbildung in Innsbruck beworben?
„Sehr viele Südtiroler Medizin-Studierende absolvieren ihr Studium in Innsbruck. Um dem Mangel an Hausärztinnen und Hausärzten in Südtirol entgegenwirken zu können, wollen wir als Institut vermehrt Akzente setzen. Daher haben wir in Zusammenarbeit mit der Med-Uni Innsbruck einen Informationsnachmittag in Innsbruck organisiert, um auf die Bedeutung des Hausarztberufes und auf die Südtiroler Ausbildung in Allgemeinmedizin aufmerksam zu machen“, erklärt Dr. Adolf Engl, Präsident des Instituts für Allgemeinmedizin und Public Health Bozen. Im Rahmen der Veranstaltung berichtete die Meraner Hausärztin Dr. Doris Hager von Strobele Prainsack von den Erfahrungen in ihrer Praxis für Allgemeinmedizin. „Dieser Beruf ermöglicht es, die Menschen als Gesamtheit zu sehen, sie also nicht auf ein einziges gesundheitliches Problem zu reduzieren“, unterstrich Dr. Hager von Strobele Prainsack. Aufbau und Inhalt der Südtiroler Hausarztausbildung wurden von Dr. Giuliano Piccoliori, dem Wissenschaftlichen Leiter des Instituts, und von Marialuise Obexer, Referentin für Organisation und Verwaltung der Ausbildung, vorgestellt. Prof. Dr. Christian Wiedermann, Koordinator der Forschungsprojekte des Instituts, ging hingegen auf eine Umfrage ein, die das Institut 2022 unter Medizin-Studierenden in Innsbruck und unter Ärztinnen und Ärzten in Ausbildung in Innsbruck und an allen Krankenhäusern mit Ausbildungsberechtigung im Bundesland Tirol durchgeführt hat. „Ungefähr ein Viertelder Befragten wollte die Ausbildung zum Hausarzt/zur Hausärztin nicht in Bozen absolvieren, da es in Italien keine Facharztausbildung in Allgemeinmedizin gibt“, erklärte Wiedermann. „Österreich hat beschlossen, die Allgemeinmedizin den Sonderfächern gleichzustellen, damit in Zukunft vom ,Facharzt für Allgemeinmedizin’ gesprochen werden kann. Italien (und Südtirol) sollte diesem Beispiel folgen“, betonte Prof. Wiedermann bei der Veranstaltung in Innsbruck.
Wie sieht Südtirols Ausbildung in Allgemeinmedizin aus?
Die Ausbildung am Institut für Allgemeinmedizin an der Claudiana Bozen dauert drei Jahre und kann in Voll-oder Teilzeit absolviert werden. Nach Abschluss der Ausbildung wird der Titel ,Ärztin/Arzt für Allgemeinmedizin’ verliehen, der auf EU-Ebene anerkannt ist. Nur wer im Besitz dieses Titels ist, kann mit dem öffentlichen Gesundheitsdienst einen Vertrag als Hausärztin/Hausarzt abschließen. Die Ausbildung besteht aus zwei Teilen: Der praktische Teil (Vollzeit) umfasst 144 Wochen, zusätzlich zwölf Wochen erlaubte Abwesenheit. Darin eingebettet ist der Theorie-Teil mit ca. 100 je vier- bis fünfstündigen Seminaren. Im Falle der Ausbildung in Teilzeit müssen gewisse Praktika dennoch in Vollzeit absolviert werden.
Was spricht für die Ausbildung in Südtirol?
„Durch die Ausbildung in Bozen lernen die künftigen Hausärztinnen und Hausärzte das Südtiroler Gesundheitswesen und das Bezugskrankenhaus für die spätere Praxistätigkeit kennen. Das 12-monatige Praktikum in den hausärztlichen Ordinationen garantiert eine praxisorientierte Ausbildung“, erklärt Institutspräsident Dr. Adolf Engl. „Die Ausbildung in deutscher und italienischer Sprache ermöglicht es den Teilnehmer:innen, auf Wissen und Erfahrungen aus zwei sehr unterschiedlichen ,Medizin-Welten’ – der italienischen und der deutsch-österreichischen – zurückzugreifen“, betont Dr. Giuliano Piccoliori.
Gibt es ein Stipendium?
Für die Südtiroler Ausbildung in Allgemeinmedizin ist ein monatliches Stipendium vorgesehen, das vom Landesamt für Gesundheitsorganisation festgelegt und ausbezahlt wird. Im Gegenzug verpflichten sich die Absolvent:innen dazu, innerhalb von fünf Jahren nach Abschluss der Ausbildung für drei Jahre als Hausärztinnen/Hausärztein Südtirol zu arbeiten. „Das Südtiroler Ausbildungsstipendium ist fast viermal so hoch wie jenes im restlichen Staatsgebiet“, hebt Dr. Giuliano Piccoliori hervor.
Wann beginnt die nächste Ausbildung?
Das Amt für Gesundheitsordnung des Landes Südtirol schreibt jährlich einen Wettbewerb zur Teilnahme an der Ausbildung in Allgemeinmedizin aus. Die nächste Ausbildung beginnt im Frühjahr 2024. Die Gesuche für die erste Session können ab Mitte Dezember 2023 eingereicht werden. Alle Auskünfte dazu und die Zulassungskriterien für den Wettbewerb finden sich unter: https://civis.bz.it/de/dienste/dienst.html?id=1004980
Wichtig zu wissen: Die einzelnen Artikel des Gesundheitsblogs des Instituts für Allgemeinmedizin und Public Health Bozen werden nicht aktualisiert. Ihre Inhalte stützen sich auf Forschungsergebnisse und wissenschaftliche Belege, die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung verfügbar sind. Gesundheitsinformationen aus dem Internet können eine persönliche ärztliche Beratung nicht ersetzen. Informieren Sie Ihren Hausarzt oder Ihre Hausärztin über mögliche Beschwerden. Weiter…