Hausärztinnen und Hausärzte betreuen Südtirols Bevölkerung ganzheitlich, sie sind die erste Anlaufstelle für alle Gesundheitsprobleme der Menschen. Absolvent:innen eines Medizinstudiums können sich in Bozen zu Hausärztinnen und Hausärzten ausbilden lassen. Im April beginnt am Institut für Allgemeinmedizin der Claudiana die erste Session des Lehrgangs 2023–2026. Die Frist für die Teilnahme am Wettbewerb endet am 30. Jänner. Es werden 30 Ausbildungsplätze vergeben.
Warum Allgemeinmediziner:in werden?
„Der Beruf der Hausärztin und des Hausarztes ist eine sehr schöne und befriedigende, aber auch eine anspruchsvolle Aufgabe. Ein guter Überblick über medizinisches Wissen und Kommunikationskompetenz ermöglichen erwiesenermaßen die Lösung von ca. 80% der Probleme gemeinsam mit den Patient:innen“, unterstreicht Dr. Adolf Engl, Präsident des Instituts für Allgemeinmedizin und Public Health Bozen. Hausärztinnen und Hausärzte sind Allround-Mediziner:innen, die die Bedürfnisse und Erwartungen der Menschen in den Mittelpunkt ihres Handelns stellen. „Die Bandbreite an gesundheitlichen Problemen, denen sich Allgemeinmediziner:innen täglich stellen, ist ein kontinuierlicher Anreiz, die eigenen Fähigkeiten zu erweitern und die Kenntnisse zu vertiefen“, sagt Dr. Giuliano Piccoliori, seit 25 Jahren Hausarzt in St. Christina in Gröden und Wissenschaftlicher Leiter des Südtiroler Instituts für Allgemeinmedizin. Piccoliori wendet sich an Absolvent:innen eines Medizinstudiums: „Werden Sie Hausärztinnen und Hausärzte! Die erste medizinische Bezugsperson für Hunderte Menschen zu sein, führt zu großer menschlicher und beruflicher Zufriedenheit. Als Ärztinnen und Ärzte für Allgemeinmedizin haben Sie die Möglichkeit, eine Patientin von klein auf zu begleiten. Sie sehen sie Mutter und vielleicht Großmutter werden. Das Vertrauensverhältnis zu unseren Patient:innen, das wir im Laufe der Zeit aufbauen, bereichert uns Allgemeinmediziner:innen Tag für Tag“, so Dr. Piccoliori.
Wie sieht der Ausbildungsplan in Bozen aus?
Die Ausbildung am Institut für Allgemeinmedizin der Claudiana dauert drei Jahre und kann in Voll- oder Teilzeit absolviert werden. Der Abschluss ist Voraussetzung für die berufliche Tätigkeit als Ärztin/Arzt für Allgemeinmedizin, der Titel wird EU-weit anerkannt.
Die Ausbildung besteht aus zwei Teilen:
- praktischer Teil (Vollzeit): 144 Wochen, zusätzlich 12 Wochen erlaubte Abwesenheit
- theoretischer Teil: ca. 120 je vier- bis sechsstündige Seminare
„Zwei Drittel des Vollzeit-Praktikums (38 Stunden pro Woche) finden auf Abteilungen der Krankenhäuser statt. Der Ausbildungskalender wird auf den Ausbildungsbedarf künftiger Allgemeinmediziner:innen abgestimmt, die von anderen Tutoren begleitet werden. Ein Drittel des Ausbildungskurses wird von einer Hausärztin/einem Hausarzt gehalten“, erläutert Dr. Giuliano Piccoliori. „Die Hausärztin/der Hausarzt vermittelt dabei nicht nur klinische und beziehungsbezogene Fähigkeiten, sondern auch die spezifische Arbeitsweise der Allgemeinmedizin, die auf der langjährigen Kenntnis der Patient:innen und ihres Lebensumfeldes fußt“, so Dr. Piccoliori. Ein wichtiger Bestandteil der Südtiroler Ausbildung in Allgemeinmedizin sind Seminare. Wöchentlich findet ein vierstündiges Seminar statt. Es dient dazu, klinische Themen, die während des Praktikums behandelt werden und typisch für die allgemeinmedizinische Praxis sind, zu vertiefen. „Zumeist werden die Seminare von erfahrenen Allgemeinmediziner:innen durchgeführt, oft aber auch in Zusammenarbeit mit Fachärztinnen und Fachärzten. Die Theorie-Einheiten basieren auf der direkten Einbeziehung der Auszubildenden“, erklärt Dr. Piccoliori.
Was spricht für die Ausbildung in Südtirol?
„Durch die Ausbildung am Institut für Allgemeinmedizin in Bozen lernen die künftigen Hausärztinnen und Hausärzte das Südtiroler Gesundheitswesen und vor allem das Bezugskrankenhaus für die spätere allgemeinmedizinische Praxis kennen. Das 11-monatige Praktikum in den Ordinationen für Allgemeinmedizin garantiert eine praxisorientierte Ausbildung“, erläutert Präsident Dr. Adolf Engl. Die zweisprachige Ausbildung in Bozen ermögliche es den angehenden Allgemeinmediziner:innen, auf Wissen und Erfahrungen aus zwei sehr unterschiedlichen „Medizin-Welten“ – der italienischen und der deutsch-österreichischen – zurückzugreifen, ergänzt Dr. Giuliano Piccoliori. „Im deutschsprachigen Raum, insbesondere in Deutschland, genießt die Allgemeinmedizin viel mehr Beachtung und Ansehen als in Italien. Dort gilt sie als akademisches Fachgebiet mit bedeutenden universitären Lehr- und Forschungsinstituten. Wir können uns von dieser Wirklichkeit inspirieren lassen“, stellt Dr. Piccoliori fest.
Gibt es Zulassungskriterien für den Wettbewerb?
Folgende Kriterien müssen erfüllt werden, um zum Wettbewerb zugelassen zu werden:
- Abgeschlossenes Studium der Humanmedizin bzw. Besitz eines Ausbildungsnachweises für die ärztliche Grundausbildung
- Staatsprüfung (Befähigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes)
- Eintragung in das Berufsverzeichnis der Ärzte- und Zahnärztekammer in Italien
- Zweisprachigkeitsnachweis für die deutsche und italienische Sprache
- ein Alter von nicht mehr als 61 Jahren
„Neben diesen formalen Kriterien muss ein:e künftige:r Allgemeinmediziner:in weitere Voraussetzungen erfüllen“, betont Dr. Giuliano Piccoliori. „So sollte eine Hausärztin/ein Hausarzt über gute Kommunikationsfähigkeiten verfügen. Er muss in der Lage sein, eine Beziehung des gegenseitigen Vertrauens, des Respekts und der Empathie zu seinen Patient:innen aufzubauen. Die unkomplizierte Arzt-Patienten-Interaktion ist eines der wichtigsten Arbeitsinstrumente für Allgemeinmediziner:innen“, sagt Dr. Piccoliori.
Gibt es ein Stipendium?
Für die Südtiroler Ausbildung in Allgemeinmedizin ist ein monatliches Stipendium vorgesehen, das vom Landesamt für Gesundheitsorganisation festgelegt und ausbezahlt wird. Im Gegenzug verpflichten sich die Absolvent:innen dazu, innerhalb von fünf Jahren nach Abschluss der Ausbildung für drei Jahre als Hausärztinnen/Hausärzte in Südtirol zu arbeiten. „Das Südtiroler Ausbildungsstipendium ist viermal so hoch wie jenes im restlichen Staatsgebiet“, fügt Dr. Giuliano Piccoliori hinzu.
Fristen, Prüfungen und Kursbeginn
Die Gesuche für die erste Session des Lehrgangs 2023–2026 sind bis spätestens 30. Jänner 2023 um 12.00 Uhr beim Landesamt für Gesundheitsordnung einzureichen.
Die Gesuche für die zweite Session sind ab dem 5. Mai 2023 bis spätestens 5. Juni 2023 um 12.00 Uhr einzureichen.
Bei der Einreichfrist der Gesuche für die erste Session können sich die Kandidat:innen um alle 30 Ausbildungsplätze bewerben. Bei der zweiten Einreichfrist können sich die Kandidat:innen um jene Plätze bewerben, die bei der ersten Aufnahmeprüfung nicht vergeben wurden. Die zweite Einreichfrist gilt nur, falls mit der Rangordnung der ersten Prüfungssession nicht alle verfügbaren Plätze vergeben wurden.
Für die erste Session findet die Prüfung am 1. März 2023 an der Claudiana in Bozen statt. Es handelt sich um einen schriftlichen Multiple-Choice-Test mit 100 Fragen zu Themen aus der Allgemeinmedizin. Dauer: 3 Stunden. Die Prüfung für die zweite Session findet am 5. Juli 2023 an der Claudiana statt.
Die erste Session des Ausbildungskurses beginnt am 3. April 2023, die zweite Session am 4. September 2023. Allfällige Terminänderungen werden mitgeteilt.
Alle Details zur Ausbildung finden Sie hier:
https://www.provinz.bz.it/de/dienstleistungen-a-z.asp?bnsv_svid=1004980
Wichtig zu wissen: Die einzelnen Artikel des Gesundheitsblogs des Instituts für Allgemeinmedizin und Public Health Bozen werden nicht aktualisiert. Ihre Inhalte stützen sich auf Forschungsergebnisse und wissenschaftliche Belege, die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung verfügbar sind. Gesundheitsinformationen aus dem Internet können eine persönliche ärztliche Beratung nicht ersetzen. Informieren Sie Ihren Hausarzt oder Ihre Hausärztin über mögliche Beschwerden. Weiter…