Es gibt Hinweise darauf, dass die rekombinante Zoster-Vakzine (Shingrix®) bei Personen, die zuvor an Herpes Zoster erkrankt waren, zu Rückfällen führen kann. Laut Einschätzung von Prof. Dr. Michael M. Kochen sollten diese Personen nicht für eine Impfung in Betracht gezogen werden sollten.
Der deutsche Mediziner Prof. Dr. Michael M. Kochen präsentiert in seinem Newsletter MMK-Benefits regelmäßig hausärztlich relevante Studienergebnisse. Prof. Kochen stellt dem Institut für Allgemeinmedizin und Public Health Bozen seinen Newsletter zur Verfügung.
Die rekombinante Zoster Vakzine (Shingrix®) ist in Deutschland seit 2018 er-
hältlich und wird von der Ständigen Impfkommission am RKI (STIKO) bei Er-
wachsenen ab 60 Jahren empfohlen (bei Vorliegen einer Immunsuppression ab
50, in Ausnahmefällen bereits ab 18 Jahren).
Das Impfschema besteht aus zwei Injektionen, verabreicht im Abstand von 2-6
Monaten. Das Faktenblatt des RKI vom 1. Februar 2024 ist frei verfügbar unter
https://t1p.de/180e.
Am 26. Juni 2020 veröffentlichte die Arzneimittelkommission der deutschen
Ärzteschaft, der bereits seit Anfang 2019 Fälle von „Herpes zoster bzw. Zos-
ter-artigen, teilweise bläschenförmigen Hautläsionen“ in zeitlichem Zusam-
menhang mit der Impfung gemeldet wurden, einen Artikel über diese Verläufe
im Deutschen Ärzteblatt https://t1p.de/8buik.
2021 wurde in Rheumatology eine retrospektive Analyse von 622 Fällen (35%
unter Corticosteroiden) mit diversen Erkrankungen aus dem entzündlich-rheu-
matologischen Formenkreis publiziert https://t1p.de/ge1ab. 59 der 622 Patienten
erlitten nach Verabreichung der Vakzine innerhalb von 12 Wochen einen Zoster
(keine PCR-Testung). Vermutet wurde ein Zusammenhang mit der Immunsup-
pression der Betroffenen, was bei einer Totvakzine doch erstaunt. Ein Zusam-
menhang mit früheren Zoster-Erkrankungen wurde nicht erwähnt.
2023 veröffentlichte eine deutsche Autorengruppe u.a. aus dem Paul-Ehrlich-
Institut (PEI) und dem Universitätsklinikum Freiburg 72 (meist innerhalb einer
Woche nach Impfung aufgetretenen) Zoster-Verdachtsfälle, die dem PEI von
April bis Oktober 2020 von Hausärzten gemeldet worden waren. 22 Patienten
waren vor der Impfung erkrankt gewesen, davon wurden fünf im PCR-Test als
Zosterrezidiv identifiziert [https://t1p.de/puq64 (frei)].
Soeben wurde im JAMA Ophthalmology eine US-nationale, retrospektive
Kohortenstudie an 16.408 Patienten mit Zoster Ophthalmicus (HZO)
publiziert (davon waren 3.646 geimpft und 12.762 ungeimpft). Die Gesund-
heitsdaten stammen aus dem Optum Labs Data Warehouse, in der > 200 Mio
Personen gespeichert sind.
Innerhalb von 56 Tagen nach Impfung betrug die Inzidenz eines HZO 37.7
bei den Geimpften und 26.2 bei den Ungeimpften, jeweils pro 1.000 Perso-
nenjahre. Die adjustierte hazard ratio für die Assoziation zwischen Imp-
fung und HZO-Rezidiv betrug 1.64 (95% KI, 1.01-2.67; p=.04).
Die Daten der Studie lassen somit vermuten, dass die Verabreichung der
rekombinanten Vakzine ein Zoster-Rezidiv verursachen könnte. NB: In den Zulassungsstudien waren Personen mit bereits durchgemachtem Zoster ausgeschlossen worden.
Die folgende Abbildung zeigt in zwei der drei ausgewählten Zeiträume (Tage
1-28; 1-42; 1-56 nach Impfung) eine signifikante Häufung von Zosterfällen.
Vorläufige Quintessenz
Das RKI vermerkt mit Datum vom 26.1.2024: „Die Herpes-Zoster-Impfung mit
dem Totimpfstoff können auch Personen bekommen, die bereits in der Vergan-
genheit an Herpes Zoster erkrankt waren“ https://t1p.de/6n8er.
Hingegen schrieb das arznei-telegramm bereits 2022 („Neue Daten zum Varizella-
Zoster-Totimpfstoff Shingrix“ https://t1p.de/z14pb): „Bei Personen mit Herpes zos-
ter in der Vorgeschichte erscheint uns bei unbefriedigender Datenlage
unverändert Zurückhaltung in der Indikationsstellung angebracht“.
Aus meiner Sicht bedeuten die Daten aus den USA (zusammen mit zahlreichen
Fallserien der letzten 3 Jahre), dass Patienten, die bereits einen Herpes Zoster
hatten, nicht mit der rekombinanten Vakzine geimpft werden sollten.
Risk of Herpes Zoster Ophthalmicus Recurrence After Recombinant Zoster Vaccination
https://jamanetwork.com/journals/jamaophthalmology/fullarticle/2814944 (nicht frei).
Wichtig zu wissen: Die einzelnen Artikel des Gesundheitsblogs des Instituts für Allgemeinmedizin und Public Health Bozen werden nicht aktualisiert. Ihre Inhalte stützen sich auf Forschungsergebnisse und wissenschaftliche Belege, die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung verfügbar sind. Gesundheitsinformationen aus dem Internet können eine persönliche ärztliche Beratung nicht ersetzen. Informieren Sie Ihren Hausarzt oder Ihre Hausärztin über mögliche Beschwerden. Weiter…