Oft gelangt Erbgut aus Tumorzellen in das Blut. Ein neuer Test nutzt diese zellfreie DNA für die Früherkennung von Darmkrebs bei gesunden Personen. Darüber berichtet der deutsche Krebsinformationsdienst.

Der Krebsinformationsdienst des deutschen Krebsforschungszentrums ist Ansprechpartner für alle Fragen zum Thema Krebs. Das Zentrum bietet wissenschaftlich fundierte Informationen über die Krankheit und berät Betroffene und Angehörige. Auf der Internetseite bietet der Dienst aktualisierte Informationen zum Thema Krebs. Diese Inhalte stellt der Krebsinformationsdienst dem Südtiroler Institut für Allgemeinmedizin und Public Health zur Verfügung.
Darmkrebs lässt sich häufig vermeiden, denn hier gibt es eine wirksame Kombination aus Früherkennung und Vorsorge: Ärztinnen und Ärzte können Krebsvorstufen (adenomatöse Polypen) und frühe Tumorstadien meist erfolgreich mit dem Endoskop abtragen. Trotzdem ist die Früherkennungs-Koloskopie in der Bevölkerung unbeliebt. Auch die selbst zu entnehmende Stuhlprobe für den Test auf verstecktes Blut (fäkaler immunchemischer Test, FIT) wird von den Berechtigten nicht ausreichend genutzt.
Personen, die nicht an diesen etablierten Früherkennungsuntersuchungen teilnehmen möchten, wären vielleicht eher zu einem “einfachen“ Bluttest im Rahmen des Darmkrebsscreenings bereit. Könnte ein solcher Test die bestehende Lücke schließen? Warum das derzeit noch nicht möglich ist, erklärt der Krebsinformationsdienst.
Wie funktioniert der Test?
Die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA hat den Shield™-Bluttest der Firma Guardant Health im vergangenen Jahr als primäre Option für ein Darmkrebsscreening zugelassen.
Erbgut (DNA) abgestorbener Zellen kann in das Blut gelangen. Es wird dann als zellfreie DNA bezeichnet. Von der gesamten zellfreien DNA stellt die zirkulierende Tumor-DNA (ctDNA) nur einen kleinen Anteil dar.
ctDNA zuverlässig nachzuweisen, ist daher technisch sehr anspruchsvoll. Welche Merkmale Anbieter von Screening-Tests genau dazu nutzen, ist selten offengelegt. Der Shield™-Test erfasst gleichzeitig verschiedene charakteristische Merkmale für ctDNA:
- Genveränderungen, die typisch für Darmkrebs sind
- Fragmentgrößen, da sich die Größe der im Blut vorliegenden DNA-Bruchstücke aus Tumorzellen von der aus normalen Körperzellen unterscheidet
- Methylierungsmuster, die bei ctDNA ebenfalls von denen anderer zellfreier DNA abweichen
Forschende integrieren alle diese Ergebnisse in nur zwei Kategorien: Test positiv oder Test negativ.
Was zeigen erste Studiendaten?
Die sogenannte ECLIPSE-Studie1 verglich die Leistungsfähigkeit des Shield™-Tests mit der Darmspiegelung – dem Goldstandard in Vorsorge und Früherkennung. An der Studie nahmen fast 8.000 Menschen ab 45 Jahren mit durchschnittlichem Darmkrebsrisiko teil. Vor der Routine-Koloskopie gaben sie auch eine Blutprobe ab.
- Bei 65 Studienteilnehmenden wurde in der Koloskopie eine Darmkrebserkrankung festgestellt.
- 54 von 65 Darmkrebspatienten hatten gleichzeitig einen positiven Bluttest (83 Prozent).
- Bei den anderen Teilnehmenden wurde kein Darmkrebs festgestellt. In dieser Gruppe hatten jedoch 10 Prozent der Personen einen positiven Bluttest. Dieser Befund war somit falsch positiv.
Detektion von Darmkrebs: Somit erkannte der Shield™-Test bereits vorhandenen Darmkrebs mit einer Sensitivität von 83 Prozent und mit einer Spezifität von 90 Prozent.
Detektion von Krebsvorstufen: Vorstufen von Darmkrebs konnte der Shield™-Test jedoch bedeutend schlechter nachweisen. Von den insgesamt rund 1.100 Teilnehmenden mit Adenomen war der Bluttest bei 147 positiv und erreichte damit eine Sensitivität von lediglich 13 Prozent.

Fazit für die Praxis
Derzeit gibt es keine in Deutschland zugelassenen Bluttests, die Darmkrebs und seine Vorstufen ausreichend zuverlässig erkennen.
Für einen Bluttest könnte zwar sprechen, dass mehr Menschen dazu bereit wären als zu den bisherigen Screening-Optionen (höhere Adhärenz).2
Allerdings werden hohe Anforderungen an Früherkennungsuntersuchungen gestellt. Und bislang gibt es keinen direkten Vergleich des Shield™-Bluttests mit dem Stuhltest, der im Rahmen des bevölkerungsweiten Darmkrebscreenings in Deutschland eingeführt ist.
Darüber hinaus kommt ein aktuelles Gutachten (PDF) des Medizinischen Dienstes Bund zu der Einschätzung, dass blutbasierte Tests bislang nicht als gleichwertig zu den bestehenden Früherkennungsangeboten anzusehen sind. Sie können daher nicht empfohlen werden. Internationale Leitlinienempfehlungen gibt es bislang ebenfalls nicht.
Quellen
1 Chung DC, Gray DM 2nd, Singh H, Issaka RB, Raymond VM, Eagle C, Hu S, Chudova DI, Talasaz A, Greenson JK et al. A Cell-free DNA Blood-Based Test for Colorectal Cancer Screening. N Engl J Med. 2024 Mar 14;390(11):973-983. doi: 10.1056/NEJMoa2304714.
2 Coronado GD, Jenkins CL, Shuster E, Johnson C, Amy D, Cook J, Sahnow S, Zepp JM, Mummadi R. Blood-based colorectal cancer screening in an integrated health system: a randomised trial of patient adherence. Gut. 2024 Mar 7;73(4):622-628. doi: 10.1136/gutjnl-2023-330980.
Wichtig zu wissen: Die einzelnen Artikel des Gesundheitsblogs des Instituts für Allgemeinmedizin und Public Health Bozen werden nicht aktualisiert. Ihre Inhalte stützen sich auf Forschungsergebnisse und wissenschaftliche Belege, die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung verfügbar sind. Gesundheitsinformationen aus dem Internet können eine persönliche ärztliche Beratung nicht ersetzen. Informieren Sie Ihren Hausarzt oder Ihre Hausärztin über mögliche Beschwerden. Weiter…