Dieser Artikel der Covid-19-Beratung informiert über die Covid-19-Impfung bei Diabetes, Thyreopathie und Zöliakie, sowie von Covid-19-Genesenen.
Dieser Beitrag ist Teil der Covid-19-Beratung für Allgemeinmediziner:innen. Anhand neuester Informationen der internationalen wissenschaftlichen Institute und aktueller Studienergebnisse beantwortet das Forschungsteam des Instituts laufende Fragen rund um das Coronavirus. Die Antworten werden auf dem Blog veröffentlicht und stehen allen Interessierten zu Verfügung.
Frage: Soll bei einer polyglandulären Autoimmunerkrankung und nach durchgemachter SARS-CoV-2-Infektion ein COVID-19 Impfstoff gegeben werden?
Das autoimmune polyglanduläre Syndrom (APS) im Erwachsenenalter ist in der Regel nicht immunosuppressiv behandelt. Hormonsubstitution und Diät sind die wichtigsten Therapieprinzipien für Diabetes, Thyreopathie und Zöliakie.
Diabetes
Diabetes spielt bei der SARS-CoV-2-Infektion eine wichtige Rolle, weil Diabetes eine der häufigsten Begleiterkrankungen ist, die mit der Schwere und Sterblichkeit von COVID-19 zusammenhängen. Dementsprechend sind bei Patientinnen und Patienten mit Diabetes im Falle von COVID-19 sowohl die laufende Erkrankungsüberwachung als auch die frühzeitige Krankenhauseinweisung empfohlen. Eine rechtzeitige Impfung gilt als die wirksamste Strategie, das Risiko einer COVID-19-Infektion bei Diabetes zu senken. In Anbetracht des hoch-positiven Nutzen-Risiko-Verhältnisses empfehlen die meisten Behörden, Menschen mit chronischen Erkrankungen einschließlich Diabetes vorrangig zu impfen. Diese Empfehlung gilt sowohl für Typ II als auch Typ I Diabetes.
Thyreopathie
Eine autoimmune Thyreoiditis kann sich durch COVID-19 verschlechtern. Die Hormonsubstitutionstherapie kann bei Unterfunktion anzupassen sein. Alle großen endokrinologischen Fachgesellschaften haben festgehalten, dass Menschen mit Schilddrüsenerkrankungen, einschließlich von Autoimmunthyreopathien, die COVID-19-Impfung erhalten sollen und zwar in einer Phase, in der sie medizinisch stabil sind. Diese Aussage gilt für alle bei uns zugelassenen Impfstoffe. Schon bei den klinischen Zulassungsstudien für die COVID-19-Impfstoffe nahmen Tausende von Personen teil, von denen auch einige an einer Schilddrüsenerkrankung litten. Darüber hinaus wurden mehr als eine Milliarde Menschen mit den verschiedenen verfügbaren Impfstoffen gegen COVID-19 geimpft. Dass bei Schilddrüsenerkrankungen Impfkomplikationen vermehrt aufgetreten seien, ist dabei jedoch nicht festgestellt worden. Die COVID-19-Impfung ist also auch für Patienten mit Schilddrüsenerkrankungen eindeutig von Vorteil. Auch wenn die Impfung in sehr seltenen Fällen zu einer Schilddrüsenerkrankung geführt hat (1–3), ist das Nutzen-Risiko-Verhältnis ebenfalls hoch-positiv. Zudem sprachen diese Nebenwirkungsfälle gut auf die Behandlung an und hinterließen keine bleibenden Schäden.
Zöliakie
Nach Studien aus Italien zu schließen, stellte das COVID-19-Virus für Patientinnen und Patienten mit Zöliakie kein erhöhtes Risiko dar (4). Die Pandemie-Maßnahmen aber verursachten psychische Probleme, die sich auf das notwendige Diätverhalten nachteilig auswirkten und die Lebensqualität zusätzlich beeinträchtigten. Mehrere wissenschaftliche Gesellschaften, haben die Verabreichung von COVID-19-Impfstoffen an Patientinnen und Patienten mit Zöliakie eindeutig unterstützt (5).
Covid-19-Genesene
Alle relevanten Fachgremien und Behörden empfehlen, dass Personen auch nach einer SARS-CoV-2-Infektion COVID-19 geimpft werden sollen. Bei Impfung nach einer kürzlich durchgemachten SARS-CoV-2-Infektion sollten sich die Personen von der akuten Infektion erholt und die Isolationsvorkehrungen beendet haben. Die Impfung kann (bei Impfstoffknappheit) auch einige Monate hinausgezögert werden, da das Risiko einer erneuten Infektion anfangs äußerst gering ist. Nur wenn die SARS-CoV-2-Infektion durch das ‚multisystemische entzündliche Syndrom‘ verkompliziert war, sollte die Entscheidung zur Impfung vom Risiko einer erneuten Infektion und eines schweren Erkrankungsverlaufs abhängig gemacht werden. Das Auftreten des multisystemischen entzündlichen Syndroms bei COVID-19 dürfte nämlich durch eine Immundysregulation verursacht sein, von der nicht bekannt ist, ob sie nicht auch durch einen SARS-CoV-2-Impfstoff ausgelöst werden und zur neuerlichen Entwicklung des Syndroms führen kann. Die Impfung von Personen, die nach einer Infektion bereits SARS-CoV-2-Antikörper haben, erhöht die Antikörperspiegel weiter und verbessert die Dauer und Breite des Schutzes. Personen mit SARS-CoV-2 in der Vorgeschichte können bei der Impfung nach der ersten Impfdosis leichter Nebenwirkungen wie Fieber, Schüttelfrost, Myalgien oder Müdigkeit bekommen als nicht mit zuvor SARS-CoV-2 infiziert gewesene Personen. Dies wäre aber kein Grund dafür, die zweite Dosis nicht mehr zu geben (so ein Impfstoff in zwei Dosen verabreicht wird).
FAZIT
Die Antwort auf die gestellte Frage ist also, dass die COVID-19-Impfung auch beim autoimmunen polyglandulären Syndrom im Erwachsenenalter empfohlen ist, weil der Diabetes einen relevanten Risikofaktor für Infektion und Erkrankungsschwere darstellt, dem mit der Impfung erfolgreich begegnet werden kann. Weder die begleitende Thyreopathie noch die Zöliakie stellen Gegenanzeigen dar. Ein wegen des chronischen autoimmunen polyglandulären Syndroms eventuell abgeschwächter Schutz nach Genesung von einer SARS-CoV-2-Infektion könnte durch die Impfung zudem wettgemacht werden.
Für das Institut Christian Wiedermann, Internist und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Allgemeinmedizin.
Literaturhinweis:
- Franquemont S, Galvez J. Subacute Thyroiditis After mRNA Vaccine for Covid-19. J Endocr Soc. 2021 May 1;5(Supplement_1):A956–7.
- İremli BG, Şendur SN, Ünlütürk U. Three Cases of Subacute Thyroiditis Following SARS-CoV-2 Vaccine: Postvaccination ASIA Syndrome. J Clin Endocrinol Metab. 2021 Sep 1;106(9):2600–5.
- Vera-Lastra O, Ordinola Navarro A, Cruz Domiguez MP, Medina G, Sánchez Valadez TI, Jara LJ. Two Cases of Graves’ Disease Following SARS-CoV-2 Vaccination: An Autoimmune/Inflammatory Syndrome Induced by Adjuvants. Thyroid. 2021 Sep 1;31(9):1436–9.
- Schiepatti A, Alimenti E, Maimaris S, Nicolardi ML, Manzella La Barbera F, Baiardi P, et al. Prevalence, incidence and clinical features of SARS-CoV-2 infection in adult coeliac patients. Eur J Gastroenterol Hepatol. 2021 Jan 4;Publish Ahead of Print.
- Kelly CP, Lebwohl P, Fasano A, Adams DW, Verdú EF, Crowe S, et al. SSCD Statement on COVID-19 Vaccination [Internet]. Downers Grove, IL: Society for the Study of Celiac Disease; (News). Available from: https://www.theceliacsociety.org/sscd_news
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