Die Bandscheiben sind die „Stoßdämpfer“ zwischen den Wirbelkörpern der Wirbelsäule. Bei fast allen Menschen verändern sie sich im Laufe des Lebens: Sie verlieren Flüssigkeit, werden spröde und unelastisch. Dadurch federn sie Belastungen schlechter ab. Manchmal wird vermutet, dass solche Veränderungen die Ursache für Rückenschmerzen sind. Warum ist das tatsächlich nur selten der Fall? Wie lassen sich die Schmerzen lindern? Antworten auf diese Fragen gibt das Portal Gesundheitsinformation.de.
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Die Bandscheiben sind die „Stoßdämpfer“ zwischen den Wirbelkörpern der Wirbelsäule. Bei fast allen Menschen verändern sie sich im Laufe des Lebens: Sie schrumpfen, werden spröde und unelastisch. Dadurch federn sie Belastungen schlechter ab. Altersbedingte Veränderungen an den Bandscheiben werden auch als Degeneration oder Chondrose der Bandscheiben bezeichnet.
Da die Bandscheiben kaum Nerven und Gefäße enthalten, sind Veränderungen an den Bandscheiben nur selten der Auslöser von Rückenschmerzen. Sie werden aber oft fälschlicherweise mit Schmerzen in Verbindung gebracht, wenn sie bei einer Untersuchung zufällig entdeckt werden. Aus Studien weiß man jedoch, dass Menschen ohne Rückenschmerzen fast genauso oft Bandscheibenveränderungen haben wie Menschen mit Rückenschmerzen.
Meist tragen mehrere Faktoren zu den Schmerzen bei. Dazu gehören zum Beispiel auch Bewegungsmangel, Verspannungen infolge von Stress oder Überforderung. Für Menschen, die immer wieder mit Rückenschmerzen zu tun haben, kann es frustrierend sein, wenn sich keine eindeutige Ursache festmachen lässt. Die gute Nachricht ist, dass man trotzdem etwas gegen die Schmerzen tun kann.
Wenn eine Bandscheibe aufgrund eines Bandscheibenvorfalls auf einen Nerv drückt, kann es zu Beinschmerzen (Ischialgie) kommen. Dann kommen auch andere Behandlungen infrage. Im folgenden Text geht es nicht um Bandscheibenvorfälle.
Symptome
Es gibt keine Symptome, die sich eindeutig auf Veränderungen an einer Bandscheibe zurückführen lassen.
Rückenschmerzen können viele Ursachen haben und von unterschiedlichen Rückenstrukturen ausgehen. Dazu gehören hauptsächlich Muskeln, das sie umgebende Bindegewebe (Faszien), Bänder und Wirbelgelenke (Facettengelenke). Rückenschmerzen können sich zudem unterschiedlich äußern. Meist tut der untere Rücken weh. Oft schränken die Schmerzen auch die Beweglichkeit ein – zum Beispiel beim Beugen oder Aufrichten des Oberkörpers.
Wenn die Bandscheibe eine Nervenwurzel reizt, kann es auch zu Schmerzen in den Beinen kommen. Gefühlsstörungen wie Kribbeln oder Taubheitsgefühle treten bei einer Bandscheiben-Degeneration allein aber nicht auf, da keine Nerven eingeklemmt sind. Dazu kann es jedoch kommen, wenn die geschädigte Bandscheibe einen Bandscheibenvorfall auslöst.
Ursachen
Die Bandscheiben befinden sich zwischen den Wirbelkörpern der Wirbelsäule und haben verschiedene Funktionen: Sie federn Stöße ab und machen die Wirbelsäule beweglich und stabil. Außerdem schützen sie die Wirbelkörper, indem sie die Kräfte verteilen, die zum Beispiel beim Drehen des Oberkörpers auf die Wirbelsäule wirken. Außerdem sorgen die Bandscheiben für ausreichenden Abstand zwischen den Wirbelkörpern. So wird sichergestellt, dass die Spinalnerven innerhalb des Wirbelkanals und bei ihrem seitlichen Austritt zwischen den Wirbelkörpern ausreichend Platz haben. Die Spinalnerven sind unter anderem für die Bewegung von Armen und Beinen verantwortlich.
Die Bandscheiben bestehen aus zwei Teilen:
- dem Faserring: einer festen, aber elastischen Hülle aus geschichtetem Faser- und Knorpelgewebe
- dem Gallertkern: einem weichen, Gel-artigen Kern
Die Bandscheiben sind nur schwach durchblutet, deshalb haben sie nur eine begrenzte Fähigkeit zur Heilung. Sie enthalten auch kaum Nerven.
Im Laufe des Lebens können sich Bandscheiben verändern: Sie verlieren Flüssigkeit, verhärten, werden spröde und rissig. Dadurch werden sie dünner und dämpfen nicht mehr so gut. Fachleute sprechen dann von einer Bandscheiben-Degeneration. Solche Veränderungen können die Bandscheiben dazu anregen, neue Blutgefäße und Nerven zu bilden, um Heilungsprozesse in Gang zu setzen. Dabei werden Stoffe freigesetzt, die Entzündungsreaktionen auslösen können (Zytokine). Bei manchen Menschen führt dies dazu, dass eine Bandscheibe schmerzempfindlich wird. Normalerweise sind Veränderungen an den Bandscheiben aber nicht spürbar.
Veränderungen an den Bandscheiben können in allen Abschnitten der Wirbelsäule auftreten. Da die Lendenwirbelsäule am stärksten belastet wird, ist der untere Rücken am häufigsten betroffen.
Risikofaktoren
Wenn man viel sitzt, kann das den Bandscheiben schaden, weil es zu einer einseitigen Belastung führt. Die Bandscheiben werden erst durch das Wechselspiel aus Druck und Entlastung mit Nährstoffen versorgt: Wird die Bandscheibe zusammengedrückt, gibt sie Abfallstoffe ab, wenn sie sich wieder ausdehnt, nimmt sie Nährstoffe auf. Gesunde Bandscheiben setzen daher regelmäßige Bewegung voraus. Bewegung und gezielte Übungen zur Kräftigung sind aber auch wichtig, um die Rumpfmuskulatur zu stärken. Denn eine starke Rumpfmuskulatur kann altersbedingte Veränderungen an den Bandscheiben besser ausgleichen.
Allerdings kann eine dauerhafte oder regelmäßige Überlastung die Abnutzung der Bandscheiben ebenfalls beschleunigen. Dazu kann es zum Beispiel bei Tätigkeiten kommen, bei denen man ständig schwer heben muss, wie bei der Pflege von Menschen oder auf Baustellen. Übergewicht, eine familiäre Veranlagung und Rauchen scheinen ebenfalls dazu beizutragen.
Häufigkeit
In einer großen deutschen Studie wurde untersucht, wie häufig Bandscheibenveränderungen bei Menschen mit und bei Menschen ohne Rückenschmerzen sind. Dazu wurden über 3000 Personen gefragt, ob sie in den letzten drei Monaten Rückenschmerzen hatten, und mit einer Magnetresonanz-Tomografie (MRT) untersucht.
Die Studie ergab, dass fast alle Menschen im Laufe des Lebens an mindestens einer Bandscheibe degenerative Veränderungen entwickeln. Die folgende Grafik zeigt, wie häufig sie bei Menschen mit und ohne Rückenschmerzen sind. Bei Menschen mit Rückenschmerzen sind sie nur geringfügig häufiger. So hatten beispielsweise von den 50- bis 59-Jährigen mit Rückenschmerzen 66 % Veränderungen an den Bandscheiben, von denen ohne Rückenschmerzen waren es 58 %.
Verlauf
Akute Rückenschmerzen verschwinden oft innerhalb weniger Tage oder Wochen wieder. Viele Menschen bekommen in den Monaten danach aber erneut Rückenschmerzen.
Auch chronische Rückenschmerzen können unterschiedlich verlaufen: Bei manchen Menschen wechseln sich Phasen mit stärkeren und leichteren Schmerzen ab. Die Schmerzen können zwischenzeitlich auch ganz verschwinden. Andere Menschen haben dauerhaft mit leichten, mittelschweren oder schweren Rückenschmerzen zu tun.
Folgen
Veränderungen an den Bandscheiben bleiben meist unbemerkt. Sie können jedoch andere Rückenerkrankungen nach sich ziehen. Wenn die Bandscheiben dünner werden und Belastungen nicht mehr so gut abfedern, kann es zu einem Bandscheibenvorfall kommen.
Durch die dünner werdenden Bandscheiben nimmt der Druck auf die Wirbelkörper zu. Darauf reagiert der Körper, indem er Knochenauswüchse an den Wirbelkörpern bildet (Osteophyten). Sie vergrößern die Gelenkfläche und verteilen den wachsenden Druck dadurch auf eine größere Fläche. Die Knochenauswüchse können jedoch den Wirbelkanal oder die Austrittslöcher der Nervenäste verengen. Dies kann auf Nerven drücken und zu einer Spinalkanalstenose führen.
Wird die Bandscheibe dünner, können die Wirbelgelenke aneinanderreiben und Schaden nehmen. Das kann zu einem sogenannten Facettensyndrom führen. Eine andere mögliche Folge ist, dass ein Wirbel verrutscht. Dies wird als Wirbelgleiten bezeichnet.
Auch eine Spinalkanalstenose oder ein Wirbelgleiten bleiben oft unbemerkt und werden nur zufällig entdeckt.
Diagnose
Wenn man mit Rückenschmerzen zur Ärztin oder zum Arzt geht, prüft sie oder er zunächst, ob es eine ernsthafte Ursache für die Beschwerden geben könnte. Dazu gehören Infektionen, ein Tumor oder Schäden durch einen Unfall. Solche Notfälle sind aber sehr selten und lassen sich meist schon durch ein Gespräch und eine körperliche Untersuchung ausschließen.
Damit die Ärztin oder der Arzt die Beschwerden richtig einschätzen kann, ist es wichtig, sie genau zu beschreiben. Wer weitere Erkrankungen hat, Medikamente nimmt, operiert wurde oder einen Unfall hatte, sollte darauf hinweisen. Wenn es Hinweise auf eine ernsthafte Ursache gibt, können weitere Untersuchungen wie eine Magnetresonanz-Tomografie (MRT) nötig sein.
Mit bildgebenden Untersuchungen wie einem MRT oder einer Computer-Tomografie (CT) können Veränderungen an der Bandscheibe sichtbar gemacht werden – etwa, dass sie flacher geworden ist oder kleine Risse hat.
Eine andere Möglichkeit ist ein sogenannter Provokationstest, bei dem ein Kontrastmittel in die Bandscheibe gespritzt wird. Dadurch können Risse im Faserring sichtbar gemacht werden. Außerdem soll der Test prüfen, ob die Bandscheibe schmerzempfindlich ist (Discografie). Wenn der Provokationstest akute Rückenschmerzen hervorruft, ist dies ein Hinweis, dass die Bandscheibe ein Schmerzauslöser ist. Diese Untersuchung hat jedoch verschiedene Risiken wie Blutungen, Nervenverletzungen, Infektionen und allergische Reaktionen auf das eingesetzte Kontrastmittel. Manche Fachleute vermuten zudem, dass die Spritzen die Bandscheiben schädigen könnten. Die Discografie wird daher nicht regelhaft empfohlen und von den meisten Fachleuten kritisch gesehen.
Behandlung
Rückenschmerzen werden meist konservativ behandelt, also ohne Operation. Wichtig ist, im Alltag aktiv zu bleiben und zur Stabilisierung des Rückens die Rumpfmuskulatur zu stärken, beispielsweise mit Bewegungsformen wie Pilates, Gymnastik oder einer gezielten Physiotherapie. Entzündungshemmende Schmerzmittel können die Beschwerden etwas lindern und dabei helfen, trotz Schmerzen in Bewegung zu bleiben. Sie sollten aber nur vorübergehend, in möglichst niedriger Dosierung und ergänzend zu anderen Behandlungen angewendet werden.
Besonders, wenn die Schmerzen länger anhalten oder stark sind, kommen auch verhaltenstherapeutische Verfahren infrage. Sie können helfen, im Alltag besser mit Rückenproblemen – und damit verbundenen Ängsten und Sorgen – umzugehen. Bei chronischen Schmerzen kann auch eine multimodale Schmerztherapie sinnvoll sein. Dabei wird man von Fachleuten aus verschiedenen therapeutischen Bereichen betreut, etwa aus der Medizin, Physiotherapie und Psychotherapie. Sie unterstützen dabei, in Bewegung zu bleiben, mit den Beschwerden umzugehen und trotz Rückenschmerzen gut leben zu können.
Manche Menschen nutzen auch Behandlungen wie Wärmeanwendungen oder Massagen. Sie können die Beschwerden vorübergehend lindern, werden aber nur ergänzend empfohlen – denn sie sind keine längerfristige Lösung.
Eine Operation wird nur sehr selten empfohlen. Infrage kommen dann
- das Ersetzen der beschädigten Bandscheibe durch eine künstliche Bandscheibe oder
- eine Versteifung (Fusion), bei der die beschädigte Bandscheibe entfernt und die benachbarten Wirbel miteinander verschraubt werden.
Es ist nicht nachgewiesen, dass eine Operation Beschwerden besser lindert als eine konservative Behandlung. Insgesamt sind die Vor- und Nachteile von Operationen bei Rückenschmerzen nicht gut untersucht.
Entscheiden
Wer über längere Zeit Rückenschmerzen hat, die den Alltag sehr beeinträchtigen, denkt vielleicht über eine Operation nach. Die Erfolgsaussichten von Rückenoperationen sind jedoch begrenzt und sie können zu verschiedenen, teils schwerwiegenden Komplikationen führen, zum Beispiel zu Infektionen und Herz-Kreislauf-Problemen. Daher lohnt es sich, ihre Chancen und Risiken sorgfältig abzuwägen. Ärztinnen und Ärzte, die eine Rückenoperation empfehlen, müssen außerdem auf das Recht auf eine kostenlose zweite ärztliche Meinung hinweisen.
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