Antikörpertests bei Genesenen werden für Forschungsstudien verwendet. Dieser Artikel der Covid-19-Beratung erklärt, warum Antikörper-Spiegelmessungen aktuell nicht für den Grünen Pass berücksichtigt werden können.
Dieser Beitrag ist Teil der Covid-19-Beratung für Allgemeinmediziner:innen. Anhand neuester Informationen der internationalen wissenschaftlichen Institute und aktueller Studienergebnisse beantwortet das Forschungsteam des Instituts laufende Fragen rund um das Coronavirus. Die Antworten werden auf dem Blog veröffentlicht und stehen allen Interessierten zu Verfügung.
Fragen: Gibt es Länder, die bei der Berechnung der Genesung auch die Antikörperbestimmung der Genesenen berücksichtigen? Wann verfällt der Zustand der Genesung in anderen Ländern?
Die Verwendung digitaler Grüner Zertifikate soll einen sicheren und freien Personenverkehr während der COVID-19-Pandemie unterstützen. Antikörpertests werden derzeit eher in Forschungsstudien, an der Bevölkerung, als für die individuelle Diagnose von COVID-19-Fällen oder gar den Grünen Pass verwendet.
Es bleibt ungewiss, ob ein positiver Antikörpertest eine Immunität gegen zukünftige Infektionen anzeigt.
Serologische Antikörperbestimmungen können bei COVID-19 Verdachtsfällen mit mehr als zwei Wochen andauernden Symptomen nützliche diagnostische Zusatztests sein. In der Regel werden sie für die Diagnose einer früheren Infektion oder einer Infektion von mindestens 3 bis 4 Wochen Dauer eingesetzt. Sensitivität und Spezifität der Tests sind sehr variabel. Die Entwicklung nachweisbarer Antikörper dauert im Allgemeinen mehrere Tage bis Wochen; Immunglobulin-G entwickelt sich normalerweise 14 Tage nach Einsetzen der Symptome. Kreuzreaktivität mit anderen Coronaviren ist beschrieben. Individuelle Ergebnisse müssen deshalb in Situationen mit niedriger Seroprävalenz entsprechend vorsichtig interpretiert werden und der positive Vorhersagewert von serologischen Tests mit hoher Spezifität ist immer noch niedrig. Insbesondere bleibt es ungewiss, ob ein positiver Antikörpertest eine Immunität gegen zukünftige Infektionen anzeigt.
Es ist nicht bekannt, ob die gemessenen Antikörperspiegel einen ausreichenden Schutz bieten oder wie lange dieser Schutz anhält.
Das positive Ergebnis eines SARS-CoV-2-Antikörpertests kann auf eine vergangene (auch kürzliche) Infektion hinweisen, ohne jedoch den Infektionszeitpunkt anzuzeigen. Der Test kann eine aktuell andauernde Infektion nicht ausschließen. Antikörpertests können nicht anzeigen, dass eine Person nicht ansteckend und/oder vor einer Neuinfektion geschützt ist und das Virus nicht weiter übertragen kann. Auch wenn Antikörpertests Hinweise auf eine Immunantwort liefern, ist nicht bekannt, ob die gemessenen Antikörperspiegel einen ausreichenden Schutz bieten oder wie lange dieser Schutz anhält, d. h. auch, wie lange dieser Teil eines digitalen Grünen Zertifikats gültig wäre. Es kann nämlich gut sein, dass die Antikörper bald nach einem positiven Antikörpertest nicht mehr nachweisbar sind. Auch ist noch nicht bekannt, ob, durch derzeit eingesetzte kommerzielle Tests, nachgewiesene Antikörper, eine Infektion mit neu aufkommenden SARS-CoV-2-Varianten verhindern würden.
Es gibt eine Vielzahl von Antikörpertests und ein Vergleich ihrer Ergebnisse ist aufgrund dieser Vielfalt und fehlender Standardisierung äußerst schwierig. Spiegelbestimmungen, die nur auf das Spike-Protein abzielen, werden nicht in der Lage sein, zwischen Personen zu unterscheiden, die zuvor infiziert wurden, und denen, die mindestens eine Dosis eines Impfstoffs erhalten haben. Für eine durchgemachte Infektion sind Antikörper gegen beide Virusantigene typisch, Nukleokapsid- und Spike-Protein-Antigene. Antikörper nur gegen Spike-Protein-Antigene sind typisch für die Impfung.
Behörden setzen Antikörpertests nur zur Bestätigung einer Impfung und/oder Genesung ein
Nur wenige Behörden verwenden für die Kontrolle des freien Personenverkehrs neben der Impfbescheinigung auch Antikörperspiegelbestimmungen. So war es in Israel bis vor kurzem unabhängig von Impfnachweisen so, dass bei Einreisenden parallel zur vorläufigen Quarantänebestimmung ein Antikörpertest gemacht werden musste, mit dem die Quarantäne aufgehoben werden konnte, wenn Antikörper serologisch nachweisbar waren. Aussagen zum Immunschutz wurden davon natürlich nicht abgeleitet. Über die Bestätigung von Impfung und/oder Genesung hinausgehende Verwendungen von Antikörpertests sind nicht etabliert. Grund dafür ist, dass die quantitativen Zusammenhänge zwischen Immunschutz und Höhe der Antikörpertiter noch nicht ausreichend bekannt sind.
Laut neuen Beobachtungen hält der Re-Infektionsschutz Genesener länger an als befürchtet.
Nachdem es wegen einzelner beobachteter Zweitinfektionen zunächst den Anschein hatte, dass der Immunschutz nach durchgemachter SARS-CoV-2-Infektion ähnlich wie nach COVID-19-Impfungen nachlässt, sind neue Beobachtungen an Genesenen insofern beruhigend, als dass ein tatsächlicher Re-Infektionsschutz doch länger als ursprünglich befürchtet anhält. Der fehlende direkte Zusammenhang des Infektionsschutzes mit der Höhe messbarer SARS-COV-2-Antikörper erklärt sich dadurch, dass messbare Antikörper nur einen Teil des Immunschutzes erfassen. Neueste Forschungsergebnisse haben ergänzend gezeigt, dass es innerhalb der Gruppe der Antikörper gegen das Spike-Protein auch solche gibt, die das Virus nur zum Teil oder gar nicht neutralisieren können. Einige der Antikörper erzeugen demnach keinen Immunschutz.
FAZIT
Aus den beschriebenen Beobachtungen kann geschlossen werden, dass Antikörper-Spiegelmessungen bis dato für die Verwendung in digitalen Grünen Zertifikaten, aber auch für darüber hinausgehende Fragen beispielsweise um Auffrischungsimpfungen, noch kein verlässlicher Parameter sind.
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